Fünf Volunteers von der Emst packen ehrenamtlich mit an, damit bei der EM alles rund läuft. Eingesetzt werden sie in Dortmund.

 

Das Sportmagazin „Kicker“ nannte sie in einer Reportage, die am Ende der zweiten Turnierwoche veröffentlicht wurde, „Helden im Hintergrund“. Die Rede ist von den 16.000 freiwilligen Helfern, die während der laufenden Fußball-Europameisterschaft unter anderem dafür sorgen, dass Fans ins Stadion kommen und dass der Welt von dort aus vor Spielbeginn schöne Bilder präsentiert werden können. Mindestens fünf dieser 16.000 Helfer, die Volunteers, sind in Iserlohn oder Hemer zu Hause – und sie sind es gewohnt, Fußball nicht nur am Bildschirm zu verfolgen. Sie sind Mitglieder von Borussia Dröschede und beim Klub von der Emst in unterschiedlichen Funktionen engagiert. Es handelt sich dabei um Uli Echtermann (65 Jahre), der unter anderem stellvertretender Jugendleiter ist. Norbert Ullrich (68) ist ehemaliger Schiedsrichter und unterstützt den Verein in vielen Bereichen, Tobias Ginsberg (25) ist aktiver Schiedsrichter und wird demnächst Michelle Reiner das Ja-Wort geben – die 27-Jährige heiratet sich damit praktisch in die Borussia ein. Die Fünfte im Bunde ist Anna Hieronymus, die seit vielen Jahren für Dröschedes Frauenteam aufläuft und zuletzt auch deren Spielertrainerin war. Allerdings konnte sie an dem Gespräch zum Thema nicht teilnehmen.

Die einfache Feststellung, dass sie Volunteers sind, wäre viel zu kurz gegriffen. Vielmehr muss es heißen: Sie haben es geschafft, Volunteers zu werden. Ginsberg erklärt: „Wir wissen, dass es 149.000 Bewerber gab, von denen 16.000 genommen wurden. Und an jedem Spielort sind pro Partie 1600 im Einsatz.“ Die Fünf gehören zu denen, die im und um das Westfalenstadion Dortmund gebraucht werden. Um überhaupt dabei zu sein, mussten sie ein mehrstufiges Auswahlverfahren mit einem Videogespräch absolvieren, das auf Deutsch und Englisch geführt wurde, und die Datenabfrage durch die Polizei überstehen. Eine gewisse körperliche Fitness war vor allem bei Michelle Reiner und Tobias Ginsberg Grundvoraussetzung. Sie gehören zu den 150 sogenannten Zeremonien-Volunteers. Ihre Aufgabe ist es, vor Spielbeginn die Flaggen der aufeinandertreffenden Mannschaften in den Strafräumen auszubreiten. Jeder Handgriff und jeder Schritt müssen während dieser rund vierminütigen Show sitzen. Deswegen bestand die Uefa auch auf einen Nachweis der sportlichen Leistungsfähigkeit. Und selbstverständlich wurde der Ablauf auch geübt. Vor Turnierbeginn gab es inklusive der Generalprobe am Tag vor der Eröffnungsfeier drei Trainingstage. „20 Minuten vor Spielbeginn müssen wir auf unseren Positionen sein. Das bedeutet, dass wir am Spielfeldrand knien, das aber bloß nicht auf dem Rasen“, schildern die beiden Jüngsten aus dem Volunteers-Team der Borussia. Auf ein Kommando setzten sich dann die Freiwilligen in Bewegung, die Verständigung erfolgt in englischer Sprache, denn nicht alle sprechen Deutsch. „Unsere Gruppenleiterin stammt zum Beispiel aus Portugal“, sagt Michelle Reiner.

Es müssen noch weitere Dinge beachtet werden: Schmuck, dazu gehören auch Haarklammern, dürfen nicht getragen werden, und langhaarige Volunteers müssen sich einen Zopf binden. „Aber es macht trotzdem Spaß. Selbst wir werden gefeiert. Wir waren schon vom ersten Spiel mächtig beeindruckt.“ Zwei Minuten vergehen zwischen der zweiten Nationalhymne und dem Anstoß. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Volunteers das Stadion bereits verlassen haben. Für sie geht es nach nebenan ins Stadion Rote Erde, das während der EM als Zeremonie-Center genutzt wird.

Applaus von den Rängen erhalten Norbert Ullrich und Uli Echtermann nicht, weil sie in ganz anderen Bereichen gebraucht werden. Beide sind erfahrene Volunteers. Ullrich war schon bei der WM 2006 dabei, auch Echtermann kommt auf zahlreiche Einsätze bei Länderspielen. „Ich war auch 2008 in Dortmund dabei, als Deutschland in der WM-Qualifikation gegen Russland gespielt hat. Irgendwann herrschte helle Aufregung, weil Kevin Kuranyi vermisst wurde. Es ahnte doch niemand, dass er aus Frust über seine Nichtberücksichtigung das Stadion schon in der Halbzeit verlassen hat.“ Das kostete den damaligen Stürmer seine Nationalmannschaftskarriere. Echtermann gehört auf eigenen Wunsch zu dem Team, das für die erste Eintrittskartenkontrolle zuständig ist. Sein Dienst beginnt schon fünf Stunden vor Spielbeginn – Wachsamkeit ist gefragt: „Beim ersten Spieltag hatten wir es direkt mit einer Bombendrohung zu tun, aber es gab schnell Entwarnung. Und dann haben drei Jugendliche versucht, sich an einer Stelle durchzumogeln. Sowas unterbinden wir natürlich rigoros.“